Rennbericht zur Tamiya-Weltmeisterschaft 2002 in Shizuoka (Japan)

Ticket to Japan

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Gross war die Freude im September in Grenoble, als Andy Schweizer das "Ticket to Japan" für seinen Europameistertitel entgegennehmen durfte.

Unsere Reise nach Japan begann am 13. November 2002 am Badischen Bahnhof in Basel. Eine knapp dreistündige Bahnfahrt brachte uns ohne Stress an den Flughafen Frankfurt am Main. Dort trafen wir Hiro Hane, unseren Reisebegleiter von Tamiya Deutschland. Auch der Deutsche Teilnehmer Christian Donath (TW Expert) mit Mechaniker und der Engländer Marc Puddle (Rallye) mit sieben Personen trafen ein. Somit fehlte nur noch der Belgier David Joos (Formel 1), der aber direkt von Brüssel nach Tokyo flog.
Das Flugzeug der All Nippon Airways, eine Boeing 747-400, startete pünktlich und damit begann unsere eigentliche Reise über eine Distanz von ca. 10'000 km. An Schlaf war kaum zu denken und die Uhr mussten wir auch noch um 8 Stunden vorstellen. Somit hatte der Mittwoch für uns nur 16 Stunden! Richtung Skandinavien, dann östlich über ganz Sibirien erreichten wir nach 11 stündigem Flug den Flughafen Narita in Tokyo.
Hiro lotste uns durch den riesigen Flughafen und nach einer zweistündigen Zugfahrt erreichten wir, nach 22 stündiger Reise, unser Hotel in Shizuoka. Im Hotel lernten wir das australische und das amerikanische Team kennen und den TRF-Fahrer und Weltmeister Surikarn.

Am Freitag war bereits um 07.30 Uhr Fahrerbesprechung und danach Abfahrt in die Halle. Jeder Fahrer konnte sieben Trainingsläufe absolvieren, die letzten zwei mit Transponder. Total waren 15 Formel-, 15 Rallye- und 39 Tourenwagenfahrer am Start. An der WM gibt es keine Stockklasse. Andy musste somit in der Tourenwagenklasse, zusammen mit dem Deutschen Donath starten. Beni Stutz lieh Andy spontan seinen TA04, mit welchem Andy noch zweimal vor der WM in Spreitenbach trainiert hatte.
Die Schrauberplätze waren äusserst eng und sowohl Netzgeräte als auch Lötkolben waren nicht vorhanden, obwohl man uns versprochen hatte, dass genügend davon vorhanden wären. Unsere eigenen Netzgeräte liessen wir zu Hause, da in Japan die Stromspannung nur 100 Volt beträgt. Aber Hiro hat bestens improvisiert und schlussendlich konnten wir die, uns leihweise zur Verfügung gestellt 3300er Akkus laden. Alle Fahrer erhielten zwei schwarze "Sport-Tuned"-Motoren. Die Autos wurden während des Trainings einer genauen technischen Kontrolle unterzogen, aber an Andys Auto wurde nichts bemängelt.
Die Halle war riesengross und obwohl die Strecke nicht gerade klein war, verschwand sie in einer Ecke. Die WM wurde im Rahmen einer Messe abgehalten und Tamiya verkaufte Material in der Halle, das jedem Fan das Herz höher schlagen liess. Das Training, das um 17.00 Uhr zu Ende war, verlief für alle Europäer vielversprechend und Andy belegte den guten 13. Platz. Danach besuchten wir ein japanische Restaurant und konnten uns im Essen mit Stäbchen üben.

Am Samstag standen dann drei von vier Quali-Läufen auf dem Programm. Für die Qualifikation zählt an der WM nur die beste Runde aus allen vier Läufen. Das Abschneiden der Europäer war dann doch unterschiedlich. Der Engländer Marc Puddle belegte nach drei Läufen den hervorragenden 2. Platz, der Belgier Davis Joos und der Deutsche Christian Donath jeweils den 9. Platz. Andy lief es gar nicht wunschgemäss und er konnte nur den enttäuschenden 32. Platz einnehmen. Der erste und zugleich beste Lauf wurde ihm gestrichen, weil er eines, für den TA04SS (Kurzversion) unerlaubtes Teil einsetzte. Die blauen Kardans vorne waren nur für die Langversion erlaubt, hinten durfte er die farbigen Teile aber fahren. Bei der technischen Kontrolle am Vortag hatte dies niemand beanstandet. Alle Europäer hatten das Gefühl, dass die Autos der Nicht-Japaner extrem genau untersucht wurden. Die Läufe zwei und drei waren auch nicht mehr optimal. Für einen Platz im A-Finale (15 Fahrer) fehlte im fast eine Sekunde und für den B-Final fehlten im 5 Hundertstel. Andy entschied sich, das Auto für den vierten und alles entscheidenden Quali-Lauf in einer Nachtschicht auf die Langversion umzubauen. Der Deutsche Donath gab ihm noch gute Tipps. Die Beiden waren ein gutes Gespann und halfen sich, wo sie nur konnten. Von Konkurrenz war nichts zu spüren.

Am Sonntag trat Andy dann mit der Langversion und einer in der Halle gekauften Carbon-NSX an. Obwohl das Auto nicht optimal lag und hinten zu wenig Griff hatte, verbesserte er sich dennoch um vier Zehntel, was ihm die Qualifikation für den B-Final (28. Platz) einbrachte.
Marc behielt den 2. Platz, David verbesserte sich auf Platz 3 und Christian auf Platz 6.
Im B-Final, der nur einmal gefahren wird, wechselte Andy auf die Ferrari Modena. Gleich am Start fuhr er los wie eine Rakete und hatte nach einer Runde den 21. Platz erreicht. Leider hatte er auch in diesem Lauf Störungen, wie schon das ganze Wochenende hindurch. Schliesslich reichte es ihm zum 25. Platz. Den anderen Europäern erging es bedeutend besser. Davis Joos wurde mit sauberer und fehlerfreier Fahrweise Weltmeister und Marc Puddle Vizeweltmeister. Christian Donath wurde guter Vierter, nachdem er sogar den ersten Finallauf gewinnen konnte.

Am Montag besuchten wir die Tamiya-Werke. Nach einer Ansprache von Herrn Tamiya persönlich, wurde uns gezeigt, wie Karosserien hergestellt werden, wie die Baukästen manuell und maschinell mit Material bestückt werden und wie sie anschliessend in den Versand gelangen. Auch einen Blick in die Entwicklungsabteilung wurde uns nicht vorenthalten. Zum Abschluss erhielt jeder Fahrer noch einen TA04SS geschenkt.
Ein weiterer Höhepunkt stand dann am Nachmittag auf dem Programm. Die Fahrer durften auf der hauseigenen Outdoor-Rennstrecke fahren. Als besondere Attraktion fuhr auch Weltmeister Surikarn mit und jeder Fahrer wollte sich natürlich mit ihm messen. Einen besonderen Service boten die Werksmitarbeiter, indem sie laufend Akkus luden und sich jeder Fahrer einfach nur bedienen konnte.

Am Dienstag verschoben wir dann nach Tokyo. Um auch kulturell noch ein wenig aktiv zu werden, besuchten wir eine alte Tempelanlage. Am Nachmittag war dann shoppen angesagt. Wir wurden mit einem Bus ins Elektronikviertel von Tokyo gebracht und der Besuch von Hobbyshops war die nächste Attraktion. Faszinierend war nicht nur das riesige Sortiment, sondern auch die Preise. Auf die auf der Packung angeschriebenen Preise gab es meistens noch bis zu 30% Rabatt!!! Ein Paradies also, um sich gleich für die nächste Saison mit Material einzudecken. Auch Teile konnten gekauft werden, die gar nie nach Europa exportiert werden.
Am Abend besuchten wir noch den Tower of Tokyo. Dies ist der höchste Fernsehturm Japans. Erste Zwischenstation war auf 150 Metern Höhe. Wem dies noch zu wenig hoch war, konnte nochmals 100 Meter höher fahren. Eine fantastische Aussicht wurde uns geboten: Die Stadt Tokyo bei Nacht. Bei einem letzten, reichhaltigen Nachtessen verabschiedeten wir uns von den Australiern, Amerikanern und den Fahrern aus Hong Kong.

Am Mittwoch traten wir dann die Heimreise an. Unsere Betreuer Hiro und Eiji trieben uns ein letztes Mal an, damit der Zeitplan auch am letzten Tag auf die Minute eingehalten werden konnte. Am Bahnhof von Tokyo endete die grenzenlose Gastfreundschaft, indem sie uns (seit einer Woche zum ersten Mal) alleine unserem "Schicksal" überliessen. Nach einstündiger Zugfahrt trafen wir am Flughafen ein. Von dort aus brachte uns das Flugzeug problemlos nach Frankfurt und der Zug nach Basel. Damit endete für uns eine unvergessliche, schöne Woche in Japan.

Fazit: Das Abschneiden von Andy kann als gut bezeichnet werden, auch wenn er schlussendlich nicht ganz vorne platziert war. Aber das, was wir in dieser Woche erlebt haben, tröstet über die Platzierung bei weitem hinweg. Dieses Erlebnis ist einzigartig. Die Gastfreundschaft der Japaner ist grenzenlos.

Wir möchten uns bei allen bedanken, die uns vor und während der Reise unterstützt haben. Einen speziellen Dank an Beni Stutz dafür, dass er Andy sein Auto, Werkzeug, Tasche, Ersatzmaterial und vieles mehr zur Verfügung gestellt hat. Dank auch an die Arwico für die volle Uebernahme der Kosten für Andy und für die grosszügige finanzielle Unterstützung für die Kosten seines Mechanikers.
Nicht zuletzt möchten wir uns bei der Firma Tamiya, speziell bei Hiro und Eiji für ihre Dolmetscherdienste und die tollen und humorvollen Abende und die Gastfreundschaft bedanken.

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Bericht von Christoph Schweizer, November 2002

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